November 2018
Gutes und günstiges Schulessen | Lesermeinung zum Artikel vom 7.11.2018 in der Stuttgarter Zeitung
Gutes und günstiges Schulessen | Lesermeinung zum Artikel vom 7.11.2018 Nr. 257 Seite 9 in der Stuttgarter Zeitung
Liebes Redaktionsteam,
1,2 Milliarden Steuergelder-Aufpreis damit 3 Millionen Schüler zum Preis von 3,50 € essen können! Caterer erhalten heute über Quersubventionen als nicht direkt nachvollziehbare „Werbezuschläge“ für ein minderwertiges Schulessen 4 € bis 8 €. Schulträger, die ihr Essen den DGE-Standards unterordnen, können keine hochwertigen Frisch-Koch-Qualitäten auf die Tische unserer Kinder bringen!
Denn die genannten DGE-Standards erlauben vorgekochte Rohstoffe, Fertigessen, künstliche Soßen, Tütendesserts und mit Wasser angerührte Körnersuppen – nährstoffarme Lebensmittel, die ernährungsphysiologisch als Junk Food bezeichnet werden. Möglich wird dies durch den §9 der Zusatzstoffzulassungverordnung, der es erlaubt, hunderte von chemisch-künstlichen Zusatzstoffen völlig deklarationsfrei im zugekauften vorgekochten und tiefgefrorenen Industrie-Essen der Caterer unterzurühren. Die Arbeit der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) wird überwiegend nicht von Steuergeldern sondern von Lebensmittelkonzernen finanziert. Das spiegelt sich zum Beispiel darin wider, daß unsere Kinder nach DGE-Standard entgegen dem immer wiederkehrenden Rat der Weltgesundheitsorganisation mit überteuertem raffiniertem und nährstoffarmem Jodsalz anstatt mit natürlichem und mineralstoffhaltigem Steinsalz überfüttert werden sollen. Das natürliche Salz kommt beim Raffinieren mit hunderten Chemikalien in Berührung, um die enthalten Mineralstoffe herauszulösen, damit diese als Nahrungsergänzungsmittel deutlich profitabler in Form von Brausetabletten verkauft werden können.
Der Ruf nach Bio und Menülinien optimiert weder die Kostenstrukturen noch die Nährstoffversorgung. Er erschwert es regionalen Gastronomen an komplizierten europaweiten Ausschreibungen teilzunehmen und fördert nicht die Vernichtung nicht aufgegessener Nahrungsmittel. Bio und nette Bilder von Rohkost, dienen als Ablenkung von den Regelungslücken der DGE, um minderwertige Rohstoffe über Cook & Cill- und Cook & Freeze-Verfahren in unsere Schulkantinen zu schleusen. Wer glaubt, daß das Ersetzen von Fleisch durch vegetarische Bratlinge das Essen günstiger und die Kinder glücklicher macht, sollte sich nicht als Kenner für Schulverpflegung ausgeben und durch oberlehrerhaftes Mahnen mündigen Eltern und lebenserfahrenen Schulvertretern vorschreiben, was für deren Kinder gut ist.
Der „wirtschaftliche und gesunde Erfolg einer Schulmensa“ entsteht nicht durch den Austausch von Fleisch durch Radieschen sondern durch Zuhören und Verstehen aller am Schulleben Beteiligten. Ein solcher Prozess sollte ohne indirekten industriellen Druck moderiert werden ohne dabei Ausschreibungskriterien zu unterliegen, die für Kinder in unattraktiven Speisen münden. Wenn genügend Nährstoffe im frisch gekochten Essen sind, das nicht stundenlang warm gehalten wird, werden Bio-Rohkost-Zwangsspeisungen entbehrlich!
Nur der Anbieter, der das Know-How hat, vor Ort wirtschaftlich täglich frisch und ohne Zusatzstoffe zu vernünftigen Preisen zu kochen, sollte als Caterer überhaupt in Frage kommen. Dafür ist entgegen der landläufigen Meinung ausgebildetes Fachpersonal nicht erforderlich. Der Schlüssel zum Erfolg sind vielmehr genau definierte Rohstoffe und exakt dazu passende Rezepturen. Diese werden von angelernten Menschen in klar geregelten Arbeitsschritten nachgekocht und als Einzelkomponenten anstatt in Menülinien angeboten.
Mit schülerfreundlichen Grüßen
Oliver Blum
Geschäftsführer
Glückliche Gäste GmbH
Hauptverwaltung: Hölzlinstraße 7, D-72379 Hechingen
Zweigniederlassung: Am Kriegsbergturm 31, D-70192 Stuttgart
Stellungnahme zum IHK-Titelthema “Das zahlt sich aus”
Einigen Inhalten des Titelthemas “Duale Ausbildung – Das zahlt sich aus” auf Seite 21/22 der Ausgabe November 2018 im Wirtschaftsmagazin WNA der IHK Reutlingen ist wie folgt zu widersprechen:
Behauptung WNA:
Wegen der rückläufigen Zahl der Schulabgänger und aufgrund der zunehmenden Zahl von Abiturienten, die sich für ein Studium entscheiden, gehen immer mehr Betriebe bei der Besetzung ihrer Ausbildungstellen leer aus.
Wichtigste Informationen verniedlicht am Ende des Artikels:
Es stehen immer weniger ausbildungsfähige Schulabgänger (darunter auch Abiturienten) zur Verfügung, weil immer mehr potenzielle Ausbildungsbewerber nicht ausreichend auf den dualen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt vorbereitet bzw. seitens fehlender relevanter Bildungsinhalte der Schulen nicht für eine duale Ausbildung als geeignet einzustufen sind.
Behauptung WNA:
Manchmal sollten Firmen jedoch noch offensiver nach außen hin kommunizieren, was sie ihren Azubis bieten und welche Möglichkeiten ihnen eine Ausbildung eröfnet.
Zu kurz argumentiert:
Je mehr Unternehmen sich erfolgreich mit attraktiven Ausbildungsplätzen am Ausbildungsmarkt platzieren, desto größer wird der Wettbewerb unter den Firmen. Da nicht absehbar ist, dass sich die fehlende Zahl ausbildungsfähiger junger Menschen erhöhen wird, würden solche Werbetrommeln die Situation verschärfen und nur noch solchen Unternehmen Azubis zukommen lassen, die am lautesten mit viel Geld und Manpower die vermeintlich besten Azubis am Markt abgreifen.
Behauptung WNA:
Viele Firmen haben dabei längst erkannt, dass eine gute Ausbildung ein wirksames Mittel gegen den Fachkräftemangel ist.
Selbstredend:
Wer nur solche Menschen als Fachkräfte definiert, die hochschul- oder dual ausgebildet sind, muß sich die Frage gefallen lassen, weshalb in der Ferienzeit tausende von fachkräfteersetzenden und kurzfristig angelernten Ferienjobbern in der Lage sind, in Sindelfingen ohne Fachausbildung Autos zu bauen.
Behauptung WNA:
Wer seinen Azubis schon während der Ausbildung Zukunftsperspektiven im Unternehmen aufzeigt, kann “junge Fachkräfte” dauerhaft an sich binden.
Das ist nicht bewiesen:
Vor 20 Jahren war es bei den damals noch deutlich jüngeren und meist noch unter der Obhut der Eltern stehenden Ausbildungsabgängern üblich, die Frage nach der Übernahme am Ende der Ausbildungszeit zu stellen. Heute steht die Welt offen und die Unternehmen profitieren vom ganzheitlichen Know-How, das sich die Menschen an anderen Arbeitsplätzen angeeignet haben. Richtig ist vielmehr, dass das positive Zurückdenken an den Ausbildungsbetrieb die Chance erhöht, die seinerzeit selbst ausgebildeten Menschen später wieder als Fach- und Führungskräfte mit all ihren ausserhalb des Ausbildungsbetriebs gewonnenen Erfahrungen für sich gewinnen zu können. Das sind dann aber keine “jungen Fachkräfte” sondern schlagkräftige und leistungsfähige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die das Unternehmen nach vorne bringen – egal wie alt sie sind.
Ablenkung von der Verantwortung der IHK:
Die “nicht immer vorhandene Ausbildungsreife” (dies sollte endlich mit Zahlen untermauert werden, um die Realität nicht zu verniedlichen) ist eine Herausforderung, die alle Akteure in der Bildung und insbesondere die Politik in die Pflicht nehme.
Kante zeigen:
Die IHKs sollten ihren diesbezüglichen Schmusekurs mit Verwaltung und Politik aufgeben. Die sich wahlperiodisch ändernden bundeslandspezifischen Bildungsinhalte, die in der Natur der Sache liegend nicht in die Lehrerausbildung einfließen können, zeigt die schiere Machtbesessenheit der Politiker. Die IHK könnte ihre mittelständischen Mitgliedsunternehmen aktiv dabei unterstützen, die Lerninhalte der Schulen deutschlandweit zu vereinheitlichen, indem sich die Politik darauf beschränkt, die Grundregeln einer Basisausbildung für ihre Bürger aufzustellen und die Lerninhalte endlich auf eine wissenschaftlich seriöse und politisch unabhängige sowie anspruchsvolle und lebensnahe Ebene angehoben werden.