Letztes Jahr kam ich bei einem Stadtfest bei Wurst und Bier mit einem Mann ins Gespräch. Nach ein bisschen Fußball-Geplauder wurde es politisch. Er jammerte, dass die Reichen und Vielverdiener viel mehr zu Kasse gebeten werden sollten und nicht immer nur die kleinen Angestellten. Mit seinen 3.200 € brutto könne er schließlich keine großen Sprünge machen. Und die Bosse fahren mit einem Geschäftswagen, den die Firma bezahlt. Ich sagte ihm, dass ich jedem Bewerber einen Geschäftswagen quasi ohne Budgetgrenze anbiete, wenn die Leistung stimmt.
Zwei Bier später stellte sich heraus, dass meine neue Bekanntschaft ein Experte im Vertriebsinnendienst sei und er trotz seines Einsatzes einfach nicht weiter komme. Einen Vertriebler suchte ich zu der Zeit und als klar war, dass er nach kurzer Einarbeitung unsere Produkte verstehen würde und verkaufen könnte, verabredeten wir uns für das nächste Wochenende zu einem Treffen in der Firma.
Es kam zur Einstellung mit seinem ursprünglichen Gehalt als Fixum, einem A6 mit allen Ausstattungen, die der Prospekt her gab und einer Provisions- sowie Bonusregelung.
Nach anfänglichen Startschwierigkeiten hinsichtlich der von mir erwarteten Umsätze, konnte im vierten Monat erstmals eine Provision bezahlt werden. Zwei Monate später war die Provision doppelt so hoch wie das Fixum. Mit der dazugehörigen Lohnabrechnung war er nicht einverstanden. Schließlich arbeite er mehr als das Doppelte wie früher, könne nachts kaum noch schlafen und das Wort Freizeit habe er vergessen.
Ich antwortete ihm, dass derzeit heftig darüber gestritten wird, die Gutverdienenden endlich mal zur Kasse zu bitten, und nicht immer nur dem einfachen Arbeiter seinen Lohn zu rauben.
Heute arbeitet er bei uns im Kundenservice, hat seinen Audi, den er hätte behalten dürfen, wegen der Steuerlast zurückgegeben, verdient wieder 3.200 €, kommt um 7:30 Uhr und geht pünktlich um 16:30 nachhause, während ich mich nach über 10 Stunden im Büro fast ohne Pause in die Unterlagen der 18-Uhr-Sitzung einlese.
Denn nur mit viel Arbeit kann ich über die Hälfte meines Verdienstes zum Wohle der weniger Verdienenden abführen.