Die BIO-Falle beim Schulessen
Schulträger, Kommunen, Eltern und Schulpersonal treten immer wieder in die BIO-Falle (regionaler) Schul-Caterer. Viele Entscheider und Gremium-Mitglieder, die ohne Kenntnis des deutschen Lebensmittelrechts, in Kitas und Schulen für BIO plädieren, verbinden mit dem Begriff „BIO“ ihren unterschwelligen Wunsch nach
- Regionalität
- frisches Kochen aus echten Rohstoffen
- Zusatzstofffreiheit
- hohe Rohstoff-Qualität
- echtes Koch-Handwerk
- Nachhaltigkeit
- wenig Verpackungsmüll
- u.ä.
BIO ist aber kein Qualitätsmerkmal für kochrelevante Produkteigenschaften. BIO steht auch nicht für einen hohen Nährstoffgehalt. BIO beschreibt die Zugehörigkeit des Inverkehrbringers zu einem gewinnorienterten Überwachungssystem, das sich seine individuellen Meß- und Kontrollkriterien gegeben hat.
Viele BIO-Caterer verwenden parallel zu ihrer BIO-Zertifizierung zusätzliche Siegel der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V., um auch die letzten kritischen Stimmen von der Wertigkeit ihrer Produkte zu überzeugen. Dass sie mit dieser Zusatz-Zertifizierung jede einzelne Speise wegen der verpflichtenden Verwendung von raffiniertem Jodsalz zu einem konventionellen Gericht degradieren, ist den wenigsten Menschen bekannt. Denn bei der Raffinierung kommt das Jodsalz durch die „industrielle Denaturierung“ mit bis zu 230 Chemikalien in Kontakt.
Ein rohstoffaffiner Koch kann die Qualität der benötigten Zutaten in Bezug auf die ihnen zugedachte Verarbeitung besser einschätzen als unternehmensfremde Siegel, die unterschwellig die genannten Erwartungs-Qualitäten der Auftraggeber suggerieren, obwohl diese nicht Bestandteil der BIO-Zertifizierungen sind. Selbst Handelklassen-Zuordnungen beschreiben keine schulküchenrelevanten Koch-, Geschmacks- und Nährstoff-Eigenschaften, da sie auf die konditionierten Verbraucher-Erwartungen wie Farbe, Größe, Reifungsgrad, Form usw. eines Lebensmittels gerichtet sind.
Hunderte industrielle Zusatzstoffe sind im BIO-Essen unserer Schulküchen. Durch die Nutzung des sogenannten Cross-Over-Effekts, bei dem die technologischen Wirkungen von chemischen Zusatzstoffen in sogenannten Vorprodukten zum Einsatz kommen, darf jeder BIO-Caterer seine Mahlzeiten auf seinen Speisekarten ohne Fußnoten-Nennung der enthaltenen Zusatzstoffe ausloben. Dies findet in den BIO-Gemeinschaftsküchen durch Fertigpulver, Tiefkühlprodukte und Convenience-Produkte statt.
BIO-Essen ist kaum teurer in der Herstellung. Teuer ist die dagegen die Zertifizierungspflicht aller an der Rohstoffkette Beteiligten. Die Mehrkosten für BIO-Essen entstehen weniger auf dem Acker als vielmehr in der administrativen Erlaubnis, das Wort „BIO“ verwenden zu dürfen. In den repräsentativen Zentralbüros der Zertifizierungsstellen entstehen weder Nährstoffe noch besserer Geschmack.
Ein guter Küchenchef kauft erstklassige Rohstoffe bei regionalen Lieferanten und ist in der Lage, sein Team mit exakten Rezept- und Kalkulationsvorgaben anzuweisen, mit wenig Rohstoffen eine große Speisenvielfalt in Top-Qualität auf die Tische der (kleinen) Gäste zu bringen. Und zwar so gut, dass
- mindestens 90% der Schüler*innen freiwillig täglich essen
- die Teller leer gegessen werden
- den Lehrern das Essen besser schmeckt als in der regionalen Gastro-Szene.
Wenn BIO-Caterer Fertigpulver verwenden, tiefgekühlte Fertigpackungen erwärmen und guten Geschmack durch Gesetzeslücken-Ausnutzung entstehen lassen, sollten die Auftraggeber einem guten Koch, der Zusatzstoffe und industrielle Vorprodukte ablehnt, den Vortritt lassen – auch beim Einsatz konventioneller Rohstoffe.
Denn Nährstoffe sind wichtiger als BIO-Siegel!