Leserbrief zum beschriebenen “Teufelskreis Convenience” im Artikel “Eine Frage der Qualität”
Leserbrief von Oliver Blum, Institut für Gastro-Konzepte an die Autorin des Artikels “Eine Frage der Qualität” in der Fachzeitschrift “24-Stunden-Gastlichkeit (Ausgabe 5/2019, Seite 36 ff.), Frau Hercht:
Sehr geehrte Frau Hercht,
der von Ihnen beschriebene Teufelskreis “Fachkräftemangel rechtfertigt Convenience-Einsatz” beruht auf der Annahme, dass die Köche nicht in der Lage sind, ihre fachpersonellen und betriebswirtschaftlichen Herausforderungen ohne die Lebensmittelindustrie zu lösen. Stellen Sie sich bitte vor, der Gast wüsste darüber Bescheid, dass der Koch den Grundgeschmack mit Geschmacksverstärkern und Chemie erzeugt! Von einem ausgebildeten Koch darf jeder Gast erwarten, dass er mit weitestgehend frischen und nicht thermisch vorerhitzten Zutaten zusatzstofffreies Essen zubereitet. Industrielle Hilfspulver und Fix&Fertigprodukte entsprechen nicht den Erwartungshaltungen der Gäste, wenn Convenience-Produkte in Kombination mit kreativen und kostentreibenden Veredelungstaktiken individualisiert werden. Dass aufgrund der thermischen Vorbehandlung der Fertigprodukte nach dem Aufwärmen viele Nährstoffe zerstört und für den menschlichen Körper nicht mehr aktiv wirksam sind, wird dabei billigend in Kauf genommen.
Alte Denkmuster begünstigen den Convenience-Teufelskreis:
- Frisches Kochen erfordert Fachpersonal
- Fachpersonal ist kreativ
- Kreativität ist zeitaufwändig
- Köche haben Rezepte* nach denen sie kochen
- Anlernpersonal kann nicht professionell kochen
- Kochergebnisse sind nicht planbar
Alternativ machen sich heute Küchen-Koordinatoren® die lean-production-Idee der Serienfertigung zunutze, indem sie
- einen persönlichen Rezept-Basis-Baukasten entwickeln
- anhand ihrer Basis-Rezepte in einfachsten Arbeitsschritten kreativ rezeptieren
- die Anzahl der Rohstoffe und der Arbeitsschritte auf ein Mindestmaß reduzieren
- Anlernkräfte schulen, damit diese exakt nach den einfachen Arbeitsschritten kochen können
- alle Kochprozesse permanent überwachen.
Damit kann ein einzelner Küchen-Koordinator® ohne ausgebildetes Fachpersonal hoch effizient mit geringstem Personal-, Energie- und Warenaufwand seinen Geschmacksstil auf die Teller der Gäste bringen. Je nach Betriebstyp ergeben sich im Vergleich zu den nach außen propagierten „Frische-Küchen mit Convenience-Aufwärm-Innenleben“ die folgenden betriebswirtschaftlichen Verbesserungen:
- bis zu 30 % Senkung des Wareneinsatzes ohne Convenience-Produkte
- bis zu 50 % Senkung des zeitlichen Personalaufwands ohne Fachpersonal
- bis zu 30 % Senkung der Energiekosten durch effiziente Arbeitsorganisation
- bis zu 50 % Senkung der Spülkosten durch Vermeidung von Emulgatoren
- bis zu 40 % Zeitersparnis im Back-Office und in der kaufmännischen Verwaltung
- bis zu 50 % Senkung der Investitionskosten durch einfachere Geräte und kürzere Gerätebelegungen
Vielen Gastronomen fehlt das ganzheitliche Verständnis der Zusammenhänge aller Schritte, die zur Leistungserstellung der Küche gehören. Sie können daher nicht erkennen, welches enorme betriebswirtschaftliche Potenzial in einer echten Frisch-Koch-Küche steckt. Den nach altem Denkmuster ausgebildeten Köchinnen und Köchen kann bei der Erteilung des „Freibriefs Convenience” zur Lösung des Fachpersonalmangels kein Vorwurf gemacht werden, weil an den Berufsschulen ganzheitliche und effiziente Koch-Konzeptionen nicht vermittelt werden. Das Berufsbild des „Systemkochs®“ analog zum sehr erfolgreichen gastronomischen Berufsbild „Fachmann / Fachfrau für Systemgastronomie“ ist längst überfällig.
Anhang:
* ein vom Küchen-Koordinator® entwickeltes Rezept für Anlernpersonal besteht aus:
- Festlegung der Grammatur auf dem Teller des Gastes
- Definition der Rohstoffe und deren Qualitäten
- Festlegung der Grammaturen der einzelnen Rohstoffe
- Nennung der Arbeitsschritte
- Anrichtevorgaben bzw. Foto
- Kriterien der Qualitätssicherung
Rechtlicher Hinweis:
Systemkoch® und KüKo Küchen-Koordinator® sind eine eingetragene Wortmarken der Glückliche Gäste GmbH.
Nachtrag:
Bis heute hat die Autorin keine Reaktion gezeigt. Der Leserbrief ging auch an die Chefredaktion. Die Fachzeitschrift enthält zunehmend mehr Werbung der chemischen Lebensmittelindustrie.