Sind Marken stärker als Qualität?
Gleich zwei Meldungen in einer Woche, wie Marken Qualität zerstören:
Frischware im Supermarkt
Die Lebensmittelzeitung berichtet über Einzelhändler, die zum Angriff auf Discounter blasen. Um sich dem Preiswettbewerb in der Frischeabteilung zu entziehen, soll es eine Preiseinstiegsmarke für Obst und Gemüse geben. Damit steht der honore Ausbildungsberuf des Einzelhandelskaufmanns im hausinternen Wettbewerb zum betriebswirtschaftlichen Marketingstudium.
Wie ist zu erklären, dass der eine Mitarbeiter jahrelang die Berufsschulbank drückt, um sich dezidierte Warenkennisse und Qualitätsmerkmale tausender Produkte anzueignen, die sein Kollege mit Markt- und Werbetheorien ad absurdum führt?
Sollen künftig Produkte mit niedrigeren Handelsklassifizierungen als Marke aufgehübscht günstiger neben den 1A-Produkten zum adäquaten höheren Preis liegen? Der Discounter legt bereits die gute Qualität zu attraktiven Preisen in seine bescheidene Auslage.
Bekommen wir künftig Orangen mit Druckstellen im Supermarkt zum gleichen Preis wie Premiumware beim Discounter?
Der Mitarbeiter an der Basis mit Warenkenntnis wird sich beim Einräumen der Ware wieder mal kopfschüttelnd fragen, weshalb der Werbetheoretiker mehr Geld verdient, obwohl dieser weder abends noch von Freitagnachmittag bis Montagmorgen dafür Sorge trägt, dass der Laden läuft.
TV-Geräte unter Beschuß
Wie macht man Marge? Eine Firma, ein Gerät, zwei Preise. Die Stiftung Warentest kauft von mehreren Marktführern jeweils zwei TV-Geräte gleicher Bildschirmdiagonalen unterschiedlicher Preise. Je das einfache Modell und das Premium-Modell. Die Premium-Modelle bestechen durch „bessere“ technische Leistungsangaben (z.B. 40 Watt-Lautsprecher anstatt 20 Watt beim günstigen Modell). Ausserdem erhält der Käufer bei den Top-Modellen wohlklingende Namen für technische Errungenschaften als Verkaufsargument, das vermeintlich Beste zu erwerben.
Es ist erstaunlich, dass bei jedem Hersteller das teurere Gerät nicht in der Lage war, seinen technischen Vorsprung unter Beweis zu stellen. In nur wenigen Vergleichspunkten waren die Hochpreisigen mit den Günstigeren gleichauf. In den meisten Kategorien, und dabei sogar genau die, deren technische Leistung den höheren Preis ausmachte, versagten die Premium-Geräte mit ihrem hochpreisigen Vorsprung.
Marke macht Marge
So geht es auch bei Kleidung. Die meisten Markenhersteller, die in den vergangenen Jahrzehnten verlässliche Top-Qualität im oberen Preissegment verkauften, versagen heute in Bezug auf die Qualität auf der ganzen Linie. Die Preise halten Sie durch Markenpflege hoch. Der Käufer kennt trotz seiner vielfältigen digitalen Möglichkeiten kaum Qualitätskriterien und ist damit Beute für Marke!
Zur besseren Lesbarkeit wurde auf eine geschlechterkonforme Ausführungen verzichtet.