Als es noch E-Autos gab

Mein Großvater Otto erzählte mir oft von seinem ersten Auto. Es war ein Auto, das mit einem Elektromotor angetrieben wurde, denn es gab zu dieser Zeit keine anderen Autos. Zwar gab es schon immer Verbrennungsmotoren, die wurden aber nur zur Erheiterung des Volkes zum Beispiel bei sogenannten Formel-1- oder Schnellboot-Rennen verwendet werden, weil die Herstellung der Kraftstoffe zu teuer und nicht umweltfreundlich war.

Besonders spannend waren aber nicht die Geschichten, die Opa Otto mit seinem Auto erlebt hat, sondern seine Berichte darüber, wie die leisen Flitzer (so wurden alle Autos damals genannt) aus den Straßen verschwunden sind. Aus irgendeinem Grund entstanden überall in Deutschland Autohäuser, die Autos mit Verbrennungsmotoren anboten. Wissenschaftler, Medien, Autofahrer ja sogar Rennsport-Fans machten sich über diese Fahrzeuge lustig. Und kaum jemand kaufte sie. Die Hersteller der lauten Stinker (so hat man sie damals genannt) trotzten aufgrund hoher Subventionen aus der Staatskasse dem absehbaren wirtschaftlichen Untergang. Die Politik erklärte gar, dass die Arbeitsplätze in der Motorenindustrie von seiten des Staates gesichert sind. Und jeder, der sich unternehmerisch am neuen Fortschritt beteiligte, erhielt eine Menge Vergünstigungen. So entstanden Werkstätten, die keine Arbeit hatten und Tankstellen, die niemand ansteuerte. Tanklaster fuhren als mobile Werbesäulen für Kraftstoffe sinnentleert durchs Land und das Kartellamt überlegte sich, wie die Kraftstoffpreise vereinheitlicht werden könnten.

In den Autohäusern mündeten die Verkaufsgespräche für das staatlich bezahlte Verkaufspersonal frustrierend. Denn die potenziellen Kunden erwarteten von einem Auto, dass es leise ist. Sie verstanden auch nicht, weshalb sie immer wieder in eine Werkstatt fahren sollten, um Geld für eine Überprüfung des Motors auszugeben. Einen stinkenden Auspuff, einen Tank mit gefährlichem Brennstoff an Bord und einen Kanal, der mitten durch den Fußraum des Fahrzeugs verlief, wollten die Kunden nicht in ihren Fahrzeugen haben. Ausserdem fehlte ihnen der zweite Kofferraum. Und sie waren viel zu sparsam, um zu akzeptieren, dass sie mit einem lauten Stinker an eine Tankstelle fahren und für den Kraftstoff bezahlen sollten. Denn mit den leisen Flitzern konnte man überall im Land an jedem der vielen tausend Windräder und Solarpanele innerhalb von wenigen Minuten seinen Akku kostenlos aufladen. Das war deshalb möglich, weil jeder Betrieb, der zur Stromerzeugung und E-Mobilität gehörte, einen Teil seiner Steuern als Strom-Abgabe leistete, die für die kostenlose Stromversorgung der Bevölkerung verwendet wurde.

Traurig wurden Großvaters Geschichten immer dann, wenn er erzählte, wie die Menschen Ihre leisen Flitzer, mehr oder weniger unfreiwillig hergeben mußten. Der Staat setzte die Strom-Abgaben ein, um die verlustreichen Geschäfte des Verbrennungsmotorgeschäfts auszugleichen. Strom mußte nun bezahlt werden. Und der Preis stieg stetig. Die Autohäuser verkauften ihre Autos mit Verbrennungsmotoren zu subventionierten Preisen. Und wer rechtzeitig seinen leisen Flitzer verschrottete, erhielt eine Abwrackprämie.

Das Gesicht meines vor einigen Jahren verstorbenen Großvaters würde ich heute gerne sehen, wenn er die Nachrichten über die Politiker und Vorstände der Autokonzerne hören würde, die das Aufflammen der E-Mobilität mit aller Gewalt vermeiden möchten. Ich frage mich nur: was soll aus den hunderttausenden Menschen werden, die mit ihrer Arbeitskraft täglich für eine bezahlbare und saubere Umwelt sorgen?