Der Cross-Over-Effekt

Die Lebensmittelindustrie ist belesener als der einzelne Gastronom, dem schlichtweg die Zeit fehlt, die Hintertürchen der Gesetze zu suchen. Da haben es die Lobbyisten einfacher: sie gestalten die Gesetzgebung mit und kümmern sich dann intensiv um die Nutzung der von Ihnen initiierten Ausnahmeparagraphen. Einer davon ist der Cross-Over-Effekt. Er besagt:

Wenn du einen deklarationspflichtigen Zusatzstoff in ein Vorprodukt eines Lebensmittels gibst, ist dieser Zusatzstoff nicht deklarationspflichtig, wenn die ihm zugedachte technologische Wirkung im Vorprodukt im späteren Lebensmittel nicht mehr gegeben ist.

In der Praxis läuft das dann wie folgt:

Gebe einen Zusatzstoff in ein Vorprodukt um es haltbar zu machen. Gebe dieses Vorprodukt in das Endprodukt, das dadurch zwar nicht haltbarer wird, aber vielleicht eine andere Farbe bekommt. Dann ist die entstandene Färbung des Endproduktes nicht deklarationspflichtig.

Tausende Gastronomen plagen sich täglich mit Lebensmittelkontrolleuren und Abmahnvereinen herum, weil sie die Deklaration eines Zusatzstoffes übersehen haben. Dass ganz nebenbei Stoffe wie „Glycerintriaacetat“ und „Oxidierte Stärke“ gar nicht deklarationspflichtig sind, weiß kaum einer von ihnen.

Frankreich hilft seinen Gastronomen:

Jedes Produkt, das aus echten Rohstoffen im Haus selbst hergestellt wird, trägt ein Symbol der „Natürlichkeit“ auf der Speisekarte. Produkte, denen dieses Symbol fehlt, sind demnach nicht haus- oder selbstgemacht bzw. „faite maison“.

Der Gast kann damit deutlich besser als in Deutschland einschätzen, was ihm ein Gericht wert ist, das aus der Tüte kommt.

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