Umsatzkalkulation
Vom Gast her denken und kalkulieren
Heute:
Nachteile gängiger Kalkulationsverfahren
Die drei in der Gastronomie gängigen Kalkulationsverfahren ermöglichen nicht, die Verkaufspreise aller Produkte zu bestimmen, die in ihrem gegenseitigen Zusammenspiel erforderlich sind, um den gewünschten Gewinn zu erwirtschaften.
Der Antrieb:
Grundsätzliche Fragen des Unternehmers
- Wieviel Miete kann ich für dieses Objekt bezahlen?
- Welchen Lohn kann ich den Beschäftigten bezahlen?
- Wie errechne ich den Verkaufspreis der Produkte?
Um die drei wichtigsten Fragen des Unternehmers zu beantworten, muß er über die eine geeignete Methode herausfinden,
„wieviel und welche Produkte er in welchem Zeitraum an welche Gäste zum welchem Preis verkauft!“
Das Problem:
Zwei unterschiedliche Grundverständnisse zur Kalkulation
- Betriebswirtschaftliche Auswertung
- Produktkalkulation
Beide Kalkulationsverständnissse werden landläufig getrennt voneinander dargestellt. Richtig ist, sie so miteinander zu kombinieren, wie es dem tatsächlichen operativen Betriebsablauf entspricht.
Die Lösung:
Die Umsatzkalkulation
A.) Umsatz = Menge x Preis
Um Menge und Preis herauszufinden, sind
- die wichtigsten potenziellen Gästegruppen zu identifizieren
- die Produkte festzulegen, die diese Gästegruppen kaufen werden
- allen Produkten die Preise zuzuordnen, die die Gäste zu zahlen bereit sind
- die Verkaufsgewichte und Verkaufsmengen aller Produkte zu jeder Öffnungsstunde festzulegen
Beispiel:
10 Trucker kaufen mittwochs zwischen 15:00 Uhr und 16:00 Uhr jeweils einen 600 Gramm-Erbseneintopf mit Brötchen zum Preis von 6,80 €.
Das muß der Gastronom leisten:
Bei einer täglichen Öffnungszeit von 12 Stunden sind das für die 5 wichtigsten Gästegruppen und 80 Einzelartikeln auf der Speisekarte mindestens 4.800 Einzelberechnungen, um den potenziellen Umsatz einzuschätzen. Es ist demnach unerlässlich, dass der Gastronom ein genaues Gespür für den Standort, dessen Gäste und deren Kaufbereitschaft hat. Er muß darüberhinaus über die kaufmännische Fachkompetenz und Durchhaltefähigkeit verfügen, die Anzahl der Berechnungen vorzunehmen.
B.) Herstellkosten (Prime Costs) = Wareneinsatz + Personalkosten Produktion
Um die Herstellkosten zu berechnen, müssen folgende Informationen festgelegt / berechnet werden:
- grammgenaue Rezepturen aller Produkte
- zeitlicher Aufwand zur Herstellung jedes einzelnen Produkts
- Kosten einer Produktions-Arbeitsminute
- Einkaufspreise aller verwendeten Rohstoffe
- saisonale Schwund-, Quell- und Verderbfaktoren aller eingesetzten Rohstoffe
Beispiel:
2.300 g Öl zum kg-Preis von 1,20 € + 2.650 g Mehl zum kg-Preis von 0,65 € ergeben das Zwischenprodukt „Mehlschwitze“, für dessen Herstellung ein Mitarbeiter inklusive aller Laufwege ins Lager u.ä. 13 Minuten benötigt. Die Kosten der Arbeitszeit betragen nach Berechnung des Stunden-Brutto-Lohns von 13,50 € zzgl. Arbeitgeberanteilen sowie sonstiger Leistungen und Zuschläge abzüglich Fehlzeiten wie z.B. Urlaub und Krankheit 0,28 € pro Arbeitsminute.
Das muß der Gastronom leisten:
Für eine exakte Rezeptur sind je nach Kochkonzeption pro Verkaufsprodukt 1 bis 25 Rohstoffe, deren aktuelle Schwund- und Quellfaktoren, Einkaufspreise und Arbeitsdauer zu berücksichtigen. Ferner ist die Berechnung der Arbeitskosten pro Minute vorzunehmen.
C.) Personalaufwand Verkauf (Service) = Einsatzzeit + Personalkosten Verkauf
Auf Basis der zuvor angenommenen Verkaufsmengen pro Öffnungsstunde sind die dafür erforderlichen Aufwendungen des Services wie folgt zu berechnen:
- Festlegung der zu jeder Verkaufs- (Öffnungs-) Stunde erforderlichen Anzahl Arbeitsstunden
- Berechnung der Kosten einer Arbeitsminute
Beispiel:
Mittwochs zwischen 15:00 Uhr und 16:00 Uhr werden zur Bewältigung der ermittelten Gästezahl 3 Arbeitsstunden benötigt. Die Kosten der Arbeitszeit betragen nach Berechnung des Stunden-Brutto-Lohns von 12,50 € zzgl. Arbeitgeberanteilen sowie sonstiger Leistungen und Zuschläge abzüglich Fehlzeiten wie z.B. Urlaub und Krankheit 0,24 € pro Arbeitsminute.
Das muß der Gastronom leisten:
Auf Basis der konzeptionellen Betriebsorganisation (Raum, Wege, Einrichtung, Verkaufskonzept etc.) ist ein sehr großes Feingefühl zu entwickeln, wie lange ein Mitarbeiter realistisch für die einzelnen Tätigkeiten benötigt, um übermäßige Dauerbelastungen zur Aufrechterhaltung der Motivation auszuschließen. Ferner ist die Berechnung der tatsächlichen Arbeitskosten pro Minute vorzunehmen.
D.) Gemeinkosten = Summe aller bisher nicht berücksichtigten Kosten
Alle weiteren Kosten, die nicht in den Herstell- und Verkaufskosten enthalten sind, müssen möglichst genau berechnet, angenommen, geschätzt und mehrfach hinterfragt werden.
- Miete
- Energie
- Verpackung
- Verwaltung
- Zahlungsverkehr, Zinsen, Beiträge,
Beispiel:
Völlig losgelöst, ob bei der Mietverhandlung ein für den Unternehmer „guter m²-Preis“ im Raum steht, ist die monatlich abfließende Geldmenge die deutlich wichtigere Größe. Denn diese muß bezahlt werden und nicht ein vermeintlich gut verhandelter m²-Preis.
Das muß der Gastronom leisten:
Zur korrekten Erfassung aller Gemeinkosten ist breites und tiefes buchhalterisches Verständnis erforderlich. Selbst bei bestehenden Betrieben ist nicht immer klar, welche Kosten an welcher Stelle der Kalkulation zu erfassen sind.
E.) Abschreibungen = Steuerrechliche Verteilung der Investitionskosten auf Nutzungsjahre
Die Abschreibungen und Verzinsungen sind oftmals auf der Vermieterseite angesiedelt und damit Teil der zu bezahlenden Miete.
- Errichtung / Umbau
- Geräte
- Inventare
Das muß der Gastronom leisten:
Kennen der einzelnen Investitionen sowie die Marktpreise der Geräte und Inventare und der dazugehörigen steuerlichen Abschreibungsdauern bzw. mögliche Wahlrechte.
F.) Ergebnisberechnung = Umsatz – Kosten
Nach Ermittlung aller vorgenannten Zahlen wird zuletzt die Ermittlung des Ergebnisses durchgeführt
- Umsatz
- ./. Herstellkosten (Prime Costs)
- ./. Personalaufwand Verkauf
- ./. Gemeinkosten
- = Ergebnis
G.) Evaluation = Überprüfung aller Zahlen in ihrer Gesamtheit
Viele ermittelten Werte bedingen sich gegenseitig. Das macht eine Kalkulation und Preisfindung in der Praxis so selten. Insbesondere gastronomische Kennzahlen helfen, die ermittelten Werte auf ihre Umsetzbarkeit zu überprüfen, um dann ggfs. Korrekturen vorzunehmen:
- Umsatz pro Gast
- Umsatz pro Stunde
- Anzahl Gäste pro Stunde
- Anzahl Produkte pro Gast
- Umsatz pro Stunde Verkaufspersonal
- Miete in Prozent des Umsatzes
- Wareneinsatz in Prozent des Umsatzes
- Herstellkosten in Prozent des Umsatzes
- Energiekosten in Prozent des Umsatzes
- spezielle Kennzahlen des Betriebskonzepts oder Benchmarks gleichartiger Konzepte
Lassen sich auch nach mehrmaliger Evaluation keine schlüssigen Kennzahlen darstellen und kein akzeptables Ergebnis finden, ist das Betriebskonzept für den Standort nicht geeignet!
Fazit:
Das alles kann der Gastronom nicht leisten
Kaum ein Gastronom ist in der Lage, diese komplexen und sehr aufwändigen kaufmännischen Berechnungen vorzunehmen, die zusätzlich zum sehr ausgeprägten fachlichen und marktkonformen Fingerspitzengefühl erforderlich sind. Externe Fachspezialisten können dies unter Verwendung einschlägiger Berechnungstools in unterschiedlicher Datendichte bzw. Datenqualität im Rahmen einer Standortanalytik leisten.
Der Aufwand dafür beträgt je nach Betriebstyp und verfügbarer Daten mindestens
- 1 Ortstermin zur Sichtung des Markt- und Wettbewerbsumfeldes und Begleitung der Betriebsabläufe
- 2 Tage Auswertung der Löhne, Einkaufspreise, Speisekarte, Rezepte, Energiekosten, Mietvertrag
- 2 Tage Erstellung der Umsatzkalkulation
Der Tagessatz eines einschlägig erfahrenen Beraters beginnt bei ca. 1.100,00 €.